Neufundland
Leider fanden wir auch bei dem erneuten Versuch in Reykjavik keine zufriedenstellende Lösung für unseren Autopiloten. So beschlossen wir spontan, das lange Leg nach Kanada mit der Linie zu fliegen statt wie ursprünglich geplant mit der Cheyenne. Darüber hinaus haben uns die kanadischen Behörden einen Strich durch die Rechnung gemacht und uns versagt, die im Norden gelegenen Militärflugplätze Resolut und Alert anzufliegen. Sie stehen im Moment vermutlich wegen des Ukraine-Krieges auf erhöhter Sicherheitsstufe.
Daher hiess unser nächstes Ziel St. John’s im Osten von Neufundland.
An der Ostküste Kanadas verbrachten wir ein paar schöne Tage. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass wir ein gutes Zeitfenster gewählt haben, denn von unseren Freunden vom FBO-Office BIRK hörten wir, dass in Reykjavik inzwischen wieder der Winter eingekehrt sei, was das Fliegen erheblich beschwerte.
Wir hingegen hatten schönes Wetter und nutzten dieses für eine schöne Bootstour im Süden von St. John’s, auf der wir wieder einmal unseren in Island lieb gewonnenen Puffins beim Brüten zuschauen durften. Die kleine Insel vor der Küste teilten sich 2 Millionen Seevögel. Zum einen die brütenden Puffins und ihre Jungvögel, zum anderen gigantische Möwen, die es vor allem auf die Eier der kleinen knuffigen Puffins abgesehen haben. Wir hatten grosses Glück. Auf dem Heimweg begleiteten zwei ausgewachsene Buckelwale eine Zeit lang unser Boot, was sehr beeindruckend war. Es schien, sie hätten Freude an dieser Abwechslung.
Der Skipper war ein Musiker, der für sein Leben gern singt und früher seinen Vater beim Walfang begleitet hat. Er hat viel von sich erzählt.
Wir besuchten an einem Nachmittag den Cape Spear Leuchtturm südlich von St. John’s. Wir kamen im Regen und dicksten Nebel dort an. Zum Glück hatten wir unser „Grönland-Gear“ Mützen, Handschuhe und Schals dabei. Man konnte wirklich die Hand vor Augen kaum sehen.
Auf dem Weg zum Leuchtturm hat Markus mit mir Meteo-Kunde gemacht. Wir suchten spezielle Grashalme am Weg, an denen man die Feuchtigkeit in der Atmosphäre messen kann. Er zeigte mir, wie man mit der flachen Hand die Grashalme in die richtige Richtung streicht, um anschliessend die Hand um 90 Grad zu drehen und in der Handinnenfläche den Feuchtigkeitsgrad zu analysieren. Dies ist gar nicht so einfach.
Dann passierte, was Markus anhand der Grashalme bereits vorhergesagt hat: der Nebel verschwand im Handumdrehen. Plötzlich sassen wir vor dem Leuchtturm in der Sonne. Wir assen auf dem Bänkchen unser mitgebrachtes Brot von der Bäckerei, in der wir am Morgen gefrühstückt hatten, Beef Jerkies und Chips und tranken ein Bier. Dank unseres Wetterprofis Markus hatten wir ein super Picknick am Leuchtturm ohne Touristen, die wegen des „schlechten Wetters“ nicht zum Leuchtturm hochgekommen sind.
Cape Spear ist der östlichste Punkt in Nord-Amerika und liegt südlich des Hafeneingangs von St. John‘s. Ein idealer Standort für den ersten Leuchtturm an der Küste Neufundlands. Seinen Namen verdankt er dem Wort „espérance“ (Hoffnung) und dies sollte die Stimmung der Seefahrer zum Ausdruck bringen, die nach langer Seefahrt endlich das Land erreichten. 1836 nahm der Leuchtturm schliesslich seinen Dienst auf.